ron20150106Übers Jahr hinaus: Es war ein grandioses Opus in zehn Sätzen, das 50. Jubiläum der Dürkheimer Stadtkapelle. Übers ganze Jahr verteilt stemmte einer der kleinsten Vereine der Stadt ein Riesenprogramm – finanziell und organisatorisch. Und darf feststellen, dass so ein Kraftakt die Aktiven nicht nur musikalisch zusammenschweißt.

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„Das macht ihr jetzt am Besten alle Jahre ...“ Vor zwei Wochen hätte dieser Satz bei Jochen Rinck wohl noch ein gequältes Lächeln hervorgerufen. Da war in der proppenvollen Schlosskirche gerade das Adventskonzert der Dürkheimer Stadtkapelle als grandioser Schlussakkord eines grandiosen Jubiläumsjahres über die Bühne gegangen. Und mit dem Vorsitzenden war der ganze Verein wohl erst mal heilfroh, dass es nun vorüber war, dieses Opus in zehn Sätzen. Zehn zumeist massige und massive Veranstaltungen, durchgezogen in zwölf Monaten. Vom Ball bis zum Weinfest. Konzerte und Partys. Vom Kellerjazz bis zur Galashow. Für alle Sinne.
Es war ein anstrengendes, arbeitsreiches Jahr für den Verein. Musikalisch wie logistisch. Es war ein intensives, exorbitantes Jahr. Ein volles, ein tolles Jahr. Ein Wahnsinnsjahr.

150 Mitglieder, 40 Aktive. Das nämlich war die schmale personelle Basis, als sich das Orgateam exakt zwei Jahre vor dem Auftakt erstmals zusammensetzte. Nicht ein, zwei Jubelarien, wie bei (wesentlich größeren) Vereinen oft üblich, nein, buchstäblich ein Jahreskalender voll. So hatte es sich die jüngere Generation der Stadtkapelle bei der Generalversammlung im März 2011 gewünscht. Und war auch bereit, aktiv mitzuwirken. Hagen Hiller als ihre „Stimme“ wurde eigens mit Sonderstatus in den Vorstand berufen.

Entsprechend „sollte das Programm jeden ansprechen“, sagt Thomas Kalbfuß. Ein breites Publikum, alle Generationen. Aber und nochmals aber: Keine Veranstaltung sollte „Miese“ machen – das war die Vorgabe. Im Idealfall sollte etwas übrigbleiben. Ideal gelaufen: Überall gab’s ein Plus. Schon vor der Schlussrechnung zeichnet sich ab, dass das Vereinsvermögen gut gemehrt wurde. „So reich waren wir vorher aber nicht“, meint Kalbfuß.

Auf 70.000 Euro schätzt Rinck das Gesamtbudget für das Jubiläumsjahr. Allein 20.000 für das Sommer Open Air, das die Jungen aufzogen. Die große Bühne brauchte im alten Gemäuer eigens ein Fundament, Sound, Licht, 6000 Euro Vorleistung – „es gab schon einige Risiken“, meint Rinck, dem das Open Air im Vorfeld das eine oder andere graue Härchen mehr beschert hat. Unnötigerweise. Denn am Ende wurde „die Sommernacht des Jahres“ ihrem Motto tatsächlich gerecht, stimmungs- wie witterungsmäßig. Volle Bude in der Römervilla.

Generell war die Stimmung durchweg gut, sagt die Vorstandsspitze. Nach außen wie nach innen, das war stets zu spüren. Ohnehin erfreut sich die Stadtkapelle als einer der kleinsten Dürkheimer Vereine bei ihren Auftritten und Aktivitäten meist großen Andrangs. Bei diesem Jubiläumsprogramm erst recht. Alles „ausverkauft“: Galaball, Martinikonzert, Après-Ski-Party, Sommer Open Air, Adventskonzert, Jazz im Keller, Lions-Benefiz – überall kamen mehr Menschen als erwartet oder noch mehr als sonst. Allein das „Martinikonzert – Die Show“ war mit weit über tausend Zuhörern und außergewöhnlichen „Acts“ die Schau. „Wir haben von allen Seiten nur Gutes gehört“, freut sich Rinck. Nicht zuletzt dürften denn auch die Sponsoren zufrieden gewesen sein, die für die einzelnen Veranstaltungen unerlässlich und durchaus generös waren, wie sich der Vorstand dankbar zeigte.

Doch hinter allem steckte insbesondere immenser personeller, zeitlicher und logistischer Aufwand. Allein 60 Leute halfen bei der Après-Ski-Party mit, kaum weniger waren die zwei Tage auf der Römerkelter im Einsatz oder beim Stadtfest, wo die Stadtkapelle erstmals ein Weinzelt auf dem Stadtplatz betrieb – auch dies half diese 50-Jahr-Feiern zu finanzieren.

Zwischen zwei- und viermal im Monat traf sich der Stab der Hauptorganisatoren, dazu die Gruppierungen für die einzelnen Veranstaltungen, manche wirkten an mehreren Fronten mit. Nebenbei – von Beruf und Familie ganz zu schweigen – waren mit Dirigent Alfred Hann noch rund zwei Dutzend neue Musikstücke einzustudieren. Jeden Montag im Keller der Pestalozzischule und vor dem Martinikonzert eigens bei drei Probenwochenenden. Mit wehenden Frackschößen voran Jochen Rinck, zu dessen sonstigen Parts wie Vorsitzender, Saxofonist und Moderator in diesem Jahr noch ein Debüt als Duettstimme und eben die Hauptrolle als Organisationschef kamen. Den Jahreswechsel 2015 jedenfalls hat der 52-Jährige „deutlich entspannter“ erlebt als den zuvor. „Da saß mir der Jubiläumsball am Wochenende drauf im Genick“, lachte er gestern.

Thomas Kalbfuß hebt am Ende noch einen Aspekt hervor, den er nicht als Einziger aus diesem Ausnahmejahr mitnimmt: den Zusammenhalt und die Gemeinschaft. „Dass alle so mitgezogen haben.“ Rinck unterstreicht dies sogleich: „Wer so viele ,Kämpfe’ in einem Jahr erfolgreich bestritten hat, ist enger zusammengeschweißt als je zuvor.“ Auch in einer Großfamilie wie der Stadtkapelle, der sie irgendwie ja tatsächlich ist: Nirgendwo sonst gehen mehr Eltern und Kinder ihrem Hobby Seit’ an Seit’ in derselben „Mannschaft“ nach.

Demnächst soll die nächste Generation dazustoßen. Am 2. Februar startet die Aktion „Jugend 2015“, mit der Nachwuchskräfte ab zehn Jahren rekrutiert und geschult werden sollen. Die „Großen“ können derweil entspannt ans neue Repertoire. „Das Musikalische weiter hochhalten“ gibt Kalbfuß als Ansporn aus für die Arbeit mit Alfred Hann, der das Orchester seit seinem Antritt Mitte 2012 dank „exzellenter Probenarbeit“ (Rinck) bereits deutlich vorangebracht hat.

Nein, alle Jahre kann der Verein einen solchen Kraftakt wie 2014 nicht stemmen. Auch nicht die Après-Ski-Party, auf die sich das Eingangszitat speziell bezog. Nur eine Aktivität bleibt über das Jubiläumsjahr hinaus erhalten: der Ausschank auf dem Stadtfest.

Aber doch, ja: Jubiläum feiert die Stadtkapelle schon in vier Wochen wieder. Mit den Grawlern, bei deren Prunksitzung zum närrischen 66-Jährigen. Zusammen mit Startenor Johannes Kalpers wird die Truppe ein Schunkel-Medley zum Besten geben. Angeprobt hat sie es schon mal. Gleich nach dem Martinikonzert.So zwischendurch. (psp)

Kleines Jubiläumsalbum mit Höhepunkten der 50-Jahr-Feierlichkeiten der Dürkheimer Stadtkapelle: Oben links das Sommer-Open-Air in der Ungsteiner Römervilla mit begeistertem weiblichen Publikum beim Auftritt der „Softeggs“ (darunter); oben links das Duo „Skating Flash“ mit seiner waghalsigen Rollschuh-Akrobatik beim Martinikonzert; darunter DJ Ötzi als prominenter Stargast der Après-Ski-Party auf dem Schulplatz (links daneben). Auftakt zum Jubeljahr war der schwungvolle Ball im Kurhaus (unten links), den musikalischen Schlussakkord setzte das Adventskonzert in der Schlosskirche (unten rechts mit der eigenen Formation „Sax4Friends“).

Quelle

Ausgabe Die Rheinpfalz - Bad Dürkheimer Zeitung - Nr. 4
Datum Dienstag, den 6. Januar 2015
Seite 14